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EWU-Gesamtinflationsrate enttäuscht

Im Euroraum ist die Gesamtinflationsrate im August nicht weiter gesunken, die Kernrate hat sich leicht verringert. Auf dem Inflationskessel ist noch viel Dampf. Für die EZB ist der Inflationskampf noch nicht gewonnen, eine weitere Leitzinserhöhung bleibt auf unserer Agenda.

Eurostat hat heute gemeldet, dass der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) im August 2023 um 5,3 % höher lag als im Vorjahresmonat. Damit lag die Vorjahresrate auf dem gleichen Niveau wie im Juli. Der höchste Beitrag zur jährlichen Inflation kam unserer Berechnung zufolge weiterhin von der Komponente „Dienstleistungen“ (+2,4), gefolgt von „Lebensmittel, Alkohol und Tabak“ (+2,2) sowie „Industriegüter ohne Energie“ (+1,3). Mit –0,6 ging erneut nur von der Komponente „Energie“ ein inflationssenkender Effekt aus (alle Angaben jeweils in Prozentpunkten). Die Kerninflationsrate ist von 5,5 auf 5,4 % ebenfalls nur leicht gesunken.

Nach wie vor ist immer noch viel Druck auf dem Inflationskessel, auch wenn die Gesamtinflationsrate sich ausgehend von ihrem Gipfel bei 10,6 % im Oktober 2022 mittlerweile mehr als halbiert hat. Maßgeblich dazu beigetragen haben Basiseffekte, die aus dem pandemiebedingten Nachfrageschub, der Lieferkettenproblematik und dem Energiepreisschock resultieren. Diese ehemals inflationstreibenden Effekte dürften zunehmend abklingen. Fortsetzen werden sich aller Voraussicht nach auch die Abwärtstrends bei den Teuerungsraten für Waren und Nahrungsmittel, obgleich Letztere noch recht hoch bleiben werden. Damit ist ein weitergehender Inflationsrückgang angelegt. Unserer Prognose zufolge wird die Inflationsrate unter anderem wegen der Basiseffekte bei Strom und Gas im Oktober auf rund 3,0 % zurückfallen und dann bis zum Frühjahr 2024 in einer Spanne von 3,0 bis 3,5 % schwanken.

Für den Rest des kommenden Jahres erwarten wir die Gesamtrate durchschnittlich bei
etwa 2,7 % und damit deutlich über dem EZB-Zielwert von 2,0 %. Noch ungebrochen ist die hohe Aufwärtsdynamik bei den Dienstleistungspreisen. Diese wird unserer Einschätzung nach in den kommenden Monaten den Inflationsrückgang bei der Kernrate bremsen. Hier gilt es besonders das hohe Lohnwachstum im Auge zu behalten. Wir erwarten deshalb, dass die Kernrate bis Ende dieses Jahres auf rund 3,5 % sinken und ab Frühjahr 2024 im Trend bei etwa 2,2 % liegen wird. Für die EZB bleibt somit auch 2024 ein herausforderndes Jahr.

Bei aller Unsicherheit hinsichtlich des Inflationsausblicks kann eine Entwarnung noch nicht gegeben werden. EZB-Präsidentin Christine Lagarde betonte deshalb jüngst auf der Notenbankkonferenz in Jackson Hole, dass die EZB an ihrer Leitzinsstraffungsneigung festhalten werde. Offen bleibt jedoch, ob der EZB-Rat angesichts der zunehmenden Zahl schwacher Konjunktursignale die Leitzinsen am 14. September tatsächlich ein weiteres Mal anheben wird, oder ob er sich doch lieber dazu entscheidet, eine Pause einzulegen, um die vergangenen Zinsschritte erst einmal wirken zu lassen. Unserer Ansicht nach sollte die Notenbank mit einer Erhöhung des Einlagesatzes auf 4,0 % ihren Willen zur Inflationsbekämpfung nochmals klar demonstrieren und das Leitzinsniveau danach für lange Zeit beibehalten.

Quelle: https://www.hal-privatbank.com/news/2023/ewu-gesamtinflationsrate-enttaeuscht


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