In den USA ist die Gesamtinflationsrate wieder leicht gestiegen, die Kernrate dagegen kaum gesunken. Aus Sicht der Fed dürfte der Inflationsdruck weiter zu hoch sein, weshalb eine Leitzinserhöhung weiter in der Luft liegt. Wahrscheinlich wird die Fed aber geduldig bleiben.
Der US-Verbraucherpreisindex lag im Juli 3,2 % höher als im Vorjahresmonat. Nach dem deutlichen Inflationsrückgang im Juni von zuvor 4,0 auf 3,0 % ist die Teuerungsrate damit wieder leicht gestiegen. Grund hierfür war ein ungünstig wirkender Basiseffekt aus dem Vorjahr. Als Preistreiber erwiesen sich vor allem Mieten, und Nahrungsmittel. Entlastend wirkten hingegen sinkende Preise für Gebrauchtwagen,
Strom und Gesundheitsdienstleistungen. Bei der ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise berechneten Kernrate gestaltet sich der Inflationsrückgang weiterhin zäh. Im Vorjahresvergleich ist die Rate von 4,8 auf 4,7 % nur wenig gesunken. Ohne Zweifel liegen die Inflationsraten mittlerweile weit unter ihren jeweiligen Gipfelwerten. Bei der Gesamtrate lag dieser bei 9,1 % im Juni 2022 und bei der Kernrate
bei 6,6 % im September 2022. Die Inflation ist also auf dem Rückmarsch. Das lässt sich auch in den monatlichen Anstiegsraten ablesen: Lagen diese in den Jahren 2021 und 2022 im Durchschnitt bei mehr als 0,5 %, haben sie sich zuletzt auf rund 0,2 % abgeschwächt und damit wieder normalisiert. Würde die monatliche Inflationsrate auf das Jahr hochgerechnet, stünde sie schon weitgehend im Einklang mit
dem 2-%-Preisziel der US-Notenbank (vgl. untere Grafik). Doch ganz so entspannt ist die Lage tatsächlich noch nicht. Für die kommenden Monate erwarten wir, dass die Gesamtrate auch wegen ungünstiger Basiseffekte aus dem Vorjahr zumeist über 3,0 % liegt. Die Kernrate wird unserer Prognose zufolge im Trend auf 3,5 % sinken und erst ab dem Frühling 2024 die Zwei vor dem Komma zeigen.
Was leiten wir daraus für den geldpolitischen Kurs der US-Notenbank ab? Die Fed betont seit geraumer Zeit die hohe Datenabhängigkeit ihrer Leitzinsentscheidungen. Bis zu ihrer nächsten Sitzung im September wird sie dabei vor allem die noch jeweils einmal zur Veröffentlichung anstehenden Arbeitsmarkt- und Inflationsberichte analysieren. Etwas günstiger als der nationale Verbraucherpreisindex sehen zwar die für die Fed wichtigeren Konsumdeflatoren aus (PCE). Aber auch hier wird die Kernrate von aktuell 4,1 % bis Ende dieses Jahres wohl nur auf gut 3,0 % sinken. Auf dem Arbeitsmarkt dürfte die Nachfrage nach Arbeitskräften im Trend weiter nachlassen, das Angebot noch zunehmen und weniger Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz freiwillig aufgeben. Gemessen am Anstieg der durchschnittlichen Stundenlöhne (Juli: 4,4 % gegenüber dem Vorjahr) und dem breiter gefassten Arbeitskostenindex (2. Quartal: 4,6 % gegenüber dem Vorjahr) ist das Tempo beim Lohnwachstum noch
immer zu hoch, um mit dem Preisziel der Fed vereinbar zu sein. Unserer Einschätzung nach wird die Notenbank auf ihrer Septembersitzung deshalb zu dem Ergebnis kommen, dass die Richtung stimmt, der Inflationsdruck jedoch noch nicht ausreichend stark abgenommen hat, um das Ende der Leitzinsstraffungen auszurufen. Eine Zinserhöhung liegt damit weiterhin in der Luft. Wir rechnen jedoch damit, dass die Fed geduldig bleiben und die Leitzinsen nicht weiter anheben wird.
Quelle: https://www.hal-privatbank.com/news/2023/us-inflationsdruck-bleibt-hoch